Anja Asche

Begegnung mit Anja Asche

Die Begegnung mit der Künstlerin Anja Asche ist eine berührende. Man findet sich selbst in einer Kette von biografischen Elementen wieder, die man aussuchen, herausnehmen oder einfach nur an sich vorbeiziehen lassen kann. Der Anlass scheint ihr Lebensskript, das ihrem künstlerischen Konzept Folge leistet, eine Entdeckungsreise, ein Zufall oder doch eine geplante Arbeitsweise, eine Entwicklung, die immer Neues hervorbringt.

Ihre Arbeiten gleichen Projekten mit unbestimmter Laufzeit: so wurden während eines Jahres zur selben Tageszeit von ihr Selbstportraits aufgenommen, daraus entwickelten sich Zeichnungen, die dann zur Collage übergingen und in einer Installation weiterverarbeitet, den Betrachter zur Reflexion auffordern. Der Versuch einer Erkenntnisgewinnung spiegelt das Grundthema von Anja Asche wieder, das authentische Ich zu finden, das Ursprüngliche und das Positive.

Ihre Werke bestehen häufig aus Naturmaterialien. Fragile und leichte Materialien wie Samen, Äste und Fundstücke aus Wald und Flora spielen in ihrer Kunst mit Zeit und Form. Da ein installiertes Holzstück auf der eigens mit Öl und Pigmenten gestrichenen Steinwand, dort ein liegender metaphorisch gedachter Rasenteppich, bestehend aus unzähligen Tannenadeln ihres alten Weihnachtsbaumes, dort mit Kreide bemalte Schieferplatten fast zufällig an die Wand gelehnt. Der Raum riecht wie Kindheit und Vergänglichkeit, bekommt eine Symbolik.

In dieser besonderen Verwendung erscheinen die ausgesuchten Naturmaterialien von Asche unschuldig, fast stockt einem der Atem beim Näherkommen und Betrachten, so leicht und luftig und transparent hängen, liegen und stehen sie in Objekten und Installationen geformt im Raum. Die Künstlerin gibt vor und der Betrachter verfällt in ein ästhetisches Schwanken: immer wieder durchstoßen Nägel ihre Installationen, halten fest und begrenzen in fast aggressiver Haltung. Gegensätze in der Materialkonstellation erlauben der Künstlerin Vorgefundenes zu Hinterfragen, Widersprüche, Dogmen, Grenzen, und Paradoxien sichtbar zu machen.

Anja Asche ist in ihrer kreativen Vielseitigkeit und ihrer sinnlich-ästhetisch Rezeption eine experimentelle Künstlerin mit gesellschaftlicher Resonanz. Ihre vielschichtigen Werke und Serien verlangen unsere uneingeschränkte Aufmerksamkeit. Unabdingbar liegen in ihren Materialcollagen Begegnungen und Identitäten, die sich vermischen. Als Betrachter tauchen wir in die prozesshafte Gestaltung ein, nähern uns gemeinsam mit der Künstlerin ihren Fragestellungen und sind eingeladen, diese zu reflektieren, weiterzuentwickeln und zu verändern.

Wenn ein bekannter Kunstsammler einmal formulierte, dass jede Arbeit ihm einmal so wichtig war, dass er sie besitzen wollte und diese zu seinem Leben gehört, würde Asche wohl hypothetisch sagen: „Jede Arbeit ist mir so wichtig, dass ich sie immer weiter fortführen will. Sie gehört in mein Leben.“

Michaela Helfrich, Kulturwissenschaftlerin | Text als PDF



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